Alevitentum
Aleviten/Alevitentum
Hz. Ali
12 imam
Haci Bektas Veli
Pir Sultan Abdal
Imam Hüseyin
Werte

alevitentum@yahoo.de

www.alevikonseyi.com

www.turnakitap.com

www.pirtv.com

www.turnadergisi.de

 

 

SEMAH

Viele kennen die Bilder der sich in Ekstase drehenden Derwische. In Sufi-Orden, wie dem Mevlevi-Orden und bei den Anhängern des Mystikers Haci Bektasi Veli (13. Jhd.) ist der Tanz ein fester Bestandteil der religiösen Riten und Traditionen. Der Semah (Himmel, Himmelsgewölbe) hat vor allem innerhalb der alevitischen Kultur einen hohen Stellenwert. In Begleitung von Saz und mystischen Liedern tanzen Frauen und Männer gemeinsam in Form eines Kreises, wie die Kreisbahnen der Planeten Sonne und Mond. Mit langsamen Bewegungen geht's los, Schritt für Schritt werden die Bewegungen schneller. Dabei darf nicht übersehen werden, dass der Semah nicht nur ein Tanzstil ist. Musik und Rhythmus, Gesang und Körpersprache - alles Fundamente des Tanzes - haben beim Semah eine tiefere, mystische Bedeutung. Er ist eine Erzählung, Ausdruck von Dankbarkeit, der Freude, des Reichtums, aber auch des Todes, umrahmt von Rhythmen und Musik. Er ist eine Inszenierung des Ursprungs des alevitischen Glaubens, der sowohl schiitische als auch alttürkische, vorislamische und altchristliche Elemente umfasst. So erklärt es sich auch, dass es kaum regionale Unterschiede gibt, dass der Semah eine gemeinsame Sprache ist, der sogar weit entfernte alevitische Gemeinden miteinander verbindet.
Innerhalb der Cem-Zeremonien, den religiösen Gemeindeversammlungen der Aleviten, ist der symbolische Tanz nicht wegzudenken. In ihm spiegeln sich die Rätselhaftigkeit der islamischen Anfänge und Legenden wider. Hier wird die Himmelfahrt Muhammeds (gepriesen sei der Prophet) und das Leiden der Zwölf Imame dargestellt, den direkten Nachfahren des Propheten und somit für die Aleviten und Schiiten seine rechtmäßigen Nachfolger. Der Tanz selbst erzählt von seiner eigenen Entstehung: Als Muhammed von der Himmelfahrt zurückkehrt, begegnet er den so genannten Vierzig, eine Gruppe von Heiligen. Er hat eine Traube bei sich, diese wird ausgepresst und der Saft versetzt die Vierzig in einen Rausch. Sie sagen "Bei Gott", nehmen sich bei den Händen und beginnen mit dem Semah. Auch Muhammed tanzt mit ihnen. Während des Tanzes fällt der heilige Turban des Propheten auf den Boden und zerfällt in vierzig Streifen, aus denen sich jeder der Heiligen einen Rock schneidert. Wie diese Legenden ist auch die Umgebung des Cem voller Symbolsprache. Das Zentrum des Raumes stellt die Welt dar, durch das "Stampfen" beim Semah will der Tänzer sich von der begrenzten, materialistischen und egoistischen Welt befreien.
Der Semah ist voller Emotionen und Ausdruck der Ergriffenheit. Dennoch ist er nicht ein ausschweifender Tanz, sondern bestimmt von einer hochkomplizierten Symbolik vieler kleiner Bewegungen. Die Gefühle und die Atmosphäre bei diesem Ritual sind nicht wirklich in Worte zu fassen, sie bleiben ein Geheimnis einer an Geheimnissen reichen Lehre. Eine Lehre, die in den Worten des Volkssängers Nesimi ihren Ausdruck findet: "In mich passen zwei Welten, In nur diese Eine passe ich nicht, Ich bin eine freie Seele, In Orte und Körper passe ich nicht, Sei still und bleib zurück, Denn in Worte passe ich nicht".

Nach der Überlieferung vom 6. Imam im " IMAM CAFER BUYRUK " wurde der Semah erstmals im " Geheimbund der VIERZIGER " vollzogen. Dieser Bund bestand aus 17 Frauen und 23 Männer und geht auf eine früh- alevitische Glaubensgruppe des 6. Jahrhunderts zurück.. Unter diesen Personen war auch Ali ,der Schwiegersohn Mohammed's vertreten. In diesem Bund wurde dann in Anwesenheit von Propheten Mohammed eine Traube zerdrückt, so das alle ein Schluck davon einnahmen. Daraufhin haben die " Vierziger " den Semah " getanzt ".

Anderen Quellen zufolge ist der Semah ein Relikt aus voralevitischen alttürkischen Religionen ( Schamanismus ) , die von den Aleviten in den Frühislam eingebettet worden sind.

Der Semah ähnelt einem Reigentanz. Allerdings sollte er nicht als folkloristisches Element betrachtet werden, das zu feierlichen Anlässen oder gar zum Vergnügen getanzt wird. Der Semah ist vielmehr ein Gebetsritual, der nur in der Cem-Zeremonie vorgetragen werden sollte.

Wie wird getanzt?

Der Semah wird von Frauen und Männer unterschiedlichen Alters ( ohne Kinder unter vierzehn Jahren) praktiziert. Die Kleidung sollte aus den Alltagskleidern bestehen, weil es nicht auf die äußere, sondern auf die innere Vereinigung mit Gott und Natur ankommt.. Die Semah- Mitglieder bewegen sich in einer kreisförmigen Figur. Dabei drehen sie sich zusätzlich um die eigene Achse. Die Handinnenfläche der rechten Hand zeigt nach oben und die linke Handinnenfläche ist auf den Boden gerichtet. Es finden keine körperlichen Kontakte, wie zum Beispiel Hände halten, zwischen den Teilnehmern statt. Die dabei dargestellte Figur, also das Drehen in einer " Kreisbahn " und das Drehen um die eigene Achse, symbolisiert nicht nur das Universum, wo die Planeten in einer Umlaufbahn um die Sonne und um ihre eigene Achse kreisen, sondern auch die ewigen Kreisläufe des Lebens und der Natur. Denn für die Aleviten ist die Dreieinigkeit von GOTT- MENSCH- NATUR ein sehr wichtiges Element ihrer Religion. Nur wenn alle drei vereint sind, also in Eins verschmolzen sind, kann man zur Wahrheit gelangen. Wenn man nur eins der drei als Schwerpunkt oder als das Höchste anpreist, so verschwindet die Harmonie zwischen allen drei, was dann zur Chaos führen kann. Die Aufgabe des Menschen ist also das Erreichen des " Eins-Werden" mit Gott und Natur. Die Dreieinigkeit Gott-Mensch-Natur ( nicht zu verwechseln mit der christlichen Dreifaltigkeit ) wird vom Semah- Teilnehmer in dem Ritual symbolisiert. Die langsamen Rhythmen der SAZ ( Langhals-Laute ) zu Beginn des Semah, führen jeden Teilnehmer des Cem's einen mystischen Zustand. Nach und nach werden die Rhytmen schneller und durch diese unterschiedliche Phasen versucht der Semah-Teilnehmer den Zustand der Vereinigung von Gott- Mensch- Natur zu erreichen. Die nach oben und unten gerichteten Hände versuchen dabei symbolisch eine Verbindung / Vermittlung zwischen Erde und Gott darzustellen. Die Flugbewegung des bei den Aleviten heiligen Tieres, des Kranichs ( Turna ), wird ebenfalls nachgeahmt.

Leider wird der Semah heutzutage von den alevitschen Jugendlichen nicht ausreichend als religiöses Ritual wahrgenommen und gewürdigt. Einige verwechseln den Semah mit Folklore und versuchen überall, wo es sich anzubieten scheint, den Semah zu " tanzen" . Doch wenn wir nicht selber unsere Fehler korrigieren, werden vielleicht unsere Kinder den Semah wirklich nur als Folklore kennen lernen.

MAN KANN UND SOLLTE AUCH NICHT IN HOCHZEITEN, FEIERLICHEN ANLÄSSEN ODER POLITISCHEN VERANSTALTUNGEN DEN SEMAH VORFÜHREN ODER " TANZEN " . DENN SO GEHT DER GANZE SINN DES SEMAH'S, DAS EINS - WERDEN MIT GOTT UND NATUR, REGELRECHT VERLOREN !!!!!

 Das Semah - Ritual
Das Rätselhafte am Alevi- Bektaschismus erfordert aufgrund der Fülle von Symbolen eine breit angelegte und tiefgründige Untersuchung. So sagte auch schon Haci Bektaschi Veli: „Alles hat ein sichtbares und 72 unsichtbare Gesichter“.
Wenn man den Semah nur einseitig betrachtet, wird er als ein Tanzstil wahrgenommen werden. Denn Musik, Rhythmus, Gesang und Körpersprache sind Bestandteile aller Formen des Tanzes. Der Tanz ist ein Ausdrucksmittel des Menschen, das Tod, Freude, Reichtum und Dank mit Rhythmus- und Musikbegleitung erzählerisch umsetzt. Auf diese Art glaubte man sogar auf die Natur einwirken zu können. Denn letztlich sind Musik und Körpersprache ein Medium. Wichtig zu verstehen ist dagegen die innere Bedeutung der Musik und der Handlungen und natürlich der zugrunde liegende Gedanke.
Bei der Beleuchtung des Semah muss man sich, die beim Semah entstehende Emotionalität, die Freude, die sich in der Körperbewegung widerspiegelt und die treibende Motivation, vergegenwärtigen. Die so gewonnene Erkenntnis wird den Semah natürlicherweise innerhalb der Grenzen der alevitischen Lehre einfügen. Diese Ergebnisse werden uns sogar mit einer authentischeren Erkenntnis bekannt machen.


Ich komme aus der Ewigkeit,
was will ich mit der vergänglichen Welt.
Ich habe Sein Antlitz gesehen,
was will ich mit der vergänglichen Welt.
Wie Jesus verlasse ich die Welt und begebe mich in den Himmel.
Ich bin der Gefährte von Moses,
was will ich anderes.


Im obigem Nefes (Lieder von mystischer Liebe und Erfahrung) wird das Menschenbild des Alevi- Bektaschismus deutlich. Der Mensch entspringt dem Kosmos, erlangt Substanz und ist ein kleiner Teil der irdischen Gemeinde.
Innerhalb der belebten und unbelebten Natur ist der Mensch als einziger in der Lage seine Umwelt bewusst wahrzunehmen. Für diese Gabe und für die Schöpfung einer mannigfaltigen Natur bringt der Mensch Ihm (dem Schöpfer) Dank und Bewunderung entgegen.
Der Mensch ist nicht nur Kopf und Fuß,
er hat innere Werte, nicht nur Äußerlichkeiten.
Was den Menschen also von anderen Lebewesen unterscheidet, ist sein Bewusstsein. Dieses menschliche Bewusstsein führte zur Erkenntnis der wahren Bedeutung des Menschen.
Die Freude darüber und das Erkennen der Schönheit der Schöpfung führt zu Genuss und Ehrerbietung. Der Gottesdienst zielt alleine auf Genuss und Muhabbet. Als Muhabbet bezeichnet man eine Zusammenkunft, bei der religiöse Hymnen vorgetragen und die Angelegenheiten der Gemeinschaft behandelt werden. Das zentrale Anliegen dabei ist die einvernehmliche Verständigung untereinander (Muhabbet Meydani? Platz der Zuneigung/Liebe).
Der Schöpfer (HU) schuf alles mit Liebe und dem Gefühl des Muhabbet.
Muhabbet ist der Pfeiler des Himmels und der Erde,
Über Muhabbet führt der Weg zu Gott.
Die obigen Worte sind sehr interessant, denn sie messen dem muhabbet eine sehr große Bedeutung zu, d.h. wer nichts von muhabbet versteht, dem wird Gottes Liebe nicht zuteil wer-den. Die schöpferische Kraft wird verglichen mit dem Licht der „Kerze der Schönheit“ (kud-ret kandili). Laut Koran stellt dieses Licht die gesamte Welt dar. Die bei Cem- Zeremonien angezündete Kerze symbolisiert die Kraft des Wissens, die in Form von Licht (nur) sichtbar wird. Man glaubt, dass dieses Licht gleichzeitig Muhammed und Ali symbolisiert. Deshalb wendet man beim Semah der Kerze niemals den Rücken zu. Die Ehrerbietung gegenüber der Kerze ist ein Symbol des Wissens (Marifet) von muhabbet.
In allen Akten des Cem und während des Semah zeigt man den geistlichen Oberhäuptern (Pir) der Gemeinschaft gegenüber Ehrerbietung (post’a niyaz), indem man sich z.B. vor ihnen verbeugt. Die Stellung der Geistlichen bezeichnet man als post. Die Bedeutung, die der Pir inne hat, ist muhabbet und stellt Imam Hüseyin dar.

Im Semah hat die Hand eine große Bedeutung. Sie gestaltet ihn vom Anfang bis zum Ende. Denn die Hand ist ein Instrument, das Gedanken ausführt. Die Hand hatte für Hz. Ali und Hz. Fatma eine bedeutende Stellung, wie auch heute innerhalb der Lehre. Die grüne Hand, die schöpferische Hand, ist die Hand Fatmas.
Der Hand begegnet man auch beim Cem der Vierzig und bei der Himmelsreise. Wie aus dem Buch „Kuslarin Dili“ von Sevki Baba zu entnehmen ist, symbolisiert der Handrücken das Klare, das Deutliche (zahir) und die Handfläche das Verborgene, das Innere (batin). Man sieht auf die Handfläche, um vielleicht das Verborgene zu sehen. Oder aber man sieht Ali. Falls die Hand der Spiegel des Gesichtes ist, denkt man an die Verszeile von Hilmi Baba: „Ich hielt den Spiegel vor mein Gesicht und erblickte Ali.“.
Diejenigen, die beim Cem einen Dienst erweisen und in manchen Regionen auch die Semah-Tänzer, binden sich einen Gürtel um. Dieser Gürtel heißt auch Gayret Kusagi und zeigt ihre Bereitschaft für den Dienst. Dieser grüne oder rote Gürtel geht zurück auf den oben beschriebenen Cem der Vierzig, wo Muhammeds Turban in vierzig Streifen fiel.
Der Semah muss aus freien Stücken erfolgen, nicht unter Zwang oder um jemanden einen Gefallen zu tun.
Die freudige und gleichzeitig meditative Atmosphäre beim Cem und der Anblick der Freude der Menschen darüber, Gott nah zu kommen sind schwierig über die schriftliche Sprache zu vermitteln.

Name:
eMail:
Betreff:
Text: